University of Notre Dame
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The Story of Notre Dame


Amerika - Europa

Ein transatlantisches Tagebuch 1961 - 1989

Klaus Lanzinger



Die Bürgerrechtsbewegung in den USA
Die europäische Integration
Fragen der europäischen Sicherheit
Die Weltraumfahrt
Präsidentenwahlen in den USA
Die Immigrationserfahrung
Eine gemeinsame Weltzivilisation
Die Atlantische Gemeinschaft

Notre Dame, Indiana, 2002


In gratitude to the University of Notre Dame, this Diary has been donated to the University of Notre Dame Archives. Without Notre Dame it could not have been written.

Dieses Tagebuch wurde in Dankbarkeit an die University of Notre Dame den University of Notre Dame Archives gegeben. Ohne Notre Dame hätte es nicht geschrieben werden können.


Ships docked at Hudson River Pier, New York City

Das 55.000 BRT grosse Passagierschiff United States, das zweite im Bild, liegt am Hudson River Pier im Hafen von New York angedockt. Das Bild wurde vom Dachgarten unseres Hotels in Manhattan am Vorabend vor unserer Rückreise nach Europa Ende August 1964 aufgenommen.

These Ships are alive with the supreme ecstasy of the modern world, which is the voyage to America.

Thomas Wolfe, Of Time and the River


VORWORT

Amerika war nach 1945 als grosse Unbekannte über Europa hereingebrochen. Was wusste man schon von Amerika? Man wusste wenig, und das Wenige, das man wusste, war ein Zerrbild. Im Rückblick ist es nur mehr schwer nachzuvollziehen, wie gross das Wissensbedürfnis über Amerika nach 1945 in Europa gewesen ist. Ich hatte diese Entwicklung miterlebt und bin davon ergriffen worden.

Ich wurde 1928 in der Stadtgemeinde Wörgl im Unterinntal in Tirol geboren und bin dort aufgewachsen. Nach der Matura am Realgymnasium Kufstein 1948 studierte ich von 1948-52 Anglistik, Geschichte und Amerikanistik an der Universität Innsbruck. Im zweiten Studienjahr erhielt ich ein Fulbright-Stipendium, das mich für das Studienjahr 1950-51 an das Bowdoin College in Brunswick, Maine, brachte. Bowdoin ist ein traditionsreiches New England College, an dem 1821-25 Nathaniel Hawthorne und Henry Wadsworth Longfellow studierten. Mit Anrechnung der Vorstudien konnte ich im Juni 1951 mit dem B.A. (Bachelor of Arts) cum laude vom Bowdoin College graduieren. Bowdoin College war für mich ein Augenöffner. Von da an hat mich das Rätsel Amerika nicht mehr losgeslassen. Im Dezember 1952 wurde ich an der Universität Innsbruck mit einer Dissertation über Nathaniel Hawthorne zum Dr. phil. promoviert. Nach der Promotion folgten die Ehe und Familiengründung. Meine Frau Aida, geb. Schüssl, stammt aus Wien. Unsere beiden Kinder, Sohn Franz und Tochter Christine wurden 1955, resp. 1959 in Innsbruck geboren. Vorübergehend war ich im Buchhandel und Verlagswesen berufstätig.

Die Chance zum Einstieg in die akademische Laufbahn ergab sich 1957, als ich die Assistentenstelle am neugegründeten Amerika-Institut der Universität Innsbruck erhielt. Ich wandte mich intensiv der Amerikanistik zu, die damals noch in den Kinderschuhen steckte. Besonders wertvoll während der Assistentenzeit war für mich der Kontakt mit den amerikanischen Fulbright-Gastprofessoren, die jedes Jahr abwechselnd dem Institut zugewiesen wurden. Für das Jahr 1961 erhielt ich von der Fulbright-Kommission in Wien ein Stipendium, das einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt in den Vereinigten Staaten ermöglichte. Ich arbeitete damals an dem Buchprojekt zur Epik im amerikanischen Roman mit eigenen Kapiteln zu James Fenimore Cooper, Herman Melville, Frank Norris und Thomas Wolfe. Die University of Pennsylvania in Philadelphia gewährte mir ihre “courtesy doctoral privileges,” wodurch mir der Zugang zu den Universitätseinrichtungen frei zur Verfügung stand. Der eigentliche Grund, um an die University of Pennsylvania zu gehen, war Professor Robert E. Spiller, der zu den führenden Gelehrten auf dem Gebiet der amerikanischen Literatur gehörte. Professor Spiller nahm mich in sein Seminar auf und ging mir auch beratend bei der Durchführung meines Forschungsprojektes an die Hand. Die Sommermonate 1961 konnte ich an der Huntington Library in Pasadena, Kalifornien, verbringen. Nach dem Forschungsaufenthalt in den Vereinigten Staaten folgte eine umfassende Publikationstätigkeit, die eine Reihe von Artikeln zur amerikanischen Literatur umfasste. Zur gleichen Zeit wurde mir die Herausgeberschaft der amerikakundlichen Beiträge, Americana-Austriaca, übertragen, deren 5 Bände von 1966-80 beim Wilhelm Braumüller Universitätsverlag in Wien erschienen sind.

Die unerwartete Wende in meinem Leben trat im Sommer 1962 ein, als die University of Notre Dame in Indiana Kontakte mit der Universität Innsbruck aufnahm, um ein Überseestudienprogramm zu errichten. Ich wurde beauftragt, die Vorbereitungen zur Etablierung des Programms zu treffen. So ergab sich unmittelbar eine enge Zusammenarbeit mit der University of Notre Dame. Nach Abschluss der Vorbereitungsarbeiten in Innsbruck wurde ich eingeladen, als Visiting Assistant Professor für das Frühjahrsemester 1964 nach Notre Dame zu kommen, um bei der Vorbereitung und Auswahl der Studenten für das Innsbruck Programm mitzuhelfen. Diesmal entschieden meine Frau und ich, gemeinsam mit den Kindern nach Amerika zu reisen. Wir trafen Mitte Jänner 1964 in South Bend, Indiana, ein, an dessen Nordrand der Campus von Notre Dame liegt. Notre Dame geht auf eine französische Ordensgründung von 1842 zurück. Die University of Notre Dame gilt heute als eine der führenden katholischen Universitäten in Nordamerika. Als ich 1967 als Visiting Associate Professor zum zweitenmal nach Notre Dame gekommen war, wurde mir die “tenure” verliehen, d.h. die Berufung auf Lebenszeit. Die Möglichkeit, an einer bekannten katholischen Universität in Amerika lehren zu können, hat für mich und meine Familie die Entscheidung zur Emigration wesentlich erleichtert. Da ich als Professor von Notre Dame mehrmals die Leitung des Überseestudienprogramms in Innsbruck übernahm, entstand mit dem wechselnden Wohnsitz zwischen South Bend und Innsbruck eine wahrhafte transatlantische Wanderschaft.

Wie das Tagebuch entstand

Die Amerikareise vom Frühjahr und Sommer 1961 gab den Anstoss, ein Tagebuch zu führen, das Beobachtungen über Amerika im Vergleich zu Europa festhielt. Es war ursprünglich an ein amerikanisches Tagebuch gedacht, das sich auf die Amerikareisen von 1961 und 1964 konzentrierte. Da für die Zwischenzeiten keine Aufzeichnungen vorliegen, werden die historischen Ereignisse der Jahre 1962-64 und 1964-67 kurz zusammengefasst. Ab April 1967 bis Dezember 1989 sind die Aufzeichnungen durchlaufend. Es handelt sich dabei nicht um tägliche Eintragungen, sondern um solche, die durch ein Reiseerlebnis oder ein historisches Zeitereignis hervorgerufen wurden. Dadurch entstanden einerseits Pausen, anderseits reihten sich die Aufzeichnungen oft knapp aneinander, wie es das Geschehen erforderte. Mit der beruflich bedingten transatlantischen Wanderschaft wurde das ursprünglich amerikanische zwangsläufig zum vorliegenden transatlantischen Tagebuch erweitert. Der alle paar Jahre abwechselnde Aufenthalt in den Vereinigten Staaten und in Europa machte es möglich, sich eingehend auf beiden Seiten des Atlantiks mit den sozialen und politischen Verhältnissen zu befassen und die verschiedenen Lebensweisen in Amerika und Europa vergleichend zu beobachten.

Was wurde aufgeschrieben?

Aufgeschrieben wurde das, was im Augenblick überraschte oder Erstaunen erregte, wobei die Aufmerksamkeit auf folgende Themen ausgerichtet blieb: 1. Die Bürgerrechtsbewegung in den USA; 2. Die europäische Integration und Fragen der europäischen Sicherheit; 3. Die Weltraumfahrt; und 4. Die sich bildende gemeinsame Weltzivilisation. Bewusst wurde auch die eigene Erfahrung der Immigration in die Vereinigten Staaten festgehalten.

Die Edition [ ]

Nach meiner Emeritierung im Juli 1997 konnte ich mich mit den Tagebüchern befassen, die sich im Laufe von vier Jahrzehnten angesammelt hatten. Die handschriftlichen Aufzeichnungen waren in Kartons aufbewahrt, die erst wieder zur Edition aufgemacht wurden. Ich war oft selbst überrascht, was da alles ans Tageslicht kam. Die Arbeit der Herausgabe erstreckte sich vom Herbst 1997 bis zum Frühjahr 2002. Der ursprüngliche Text wurde dabei inhaltlich nicht verändert, sondern nur stilistisch aufgefrischt, und die oft auf Reisen nur skizzenhaften Aufzeichnungen auf eine zusammenhängende, lesbare Form gebracht. Namen, Daten und historische Ereignisse wurden an Hand der unten angegebenen Nachschlagewerke und Quellen auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Alles, was im Laufe der Herausgebertätigkeit hinzugefügt wurde, steht in eckigen Klammern [ ]. Dazu gehören vor allem Anmerkungen, Nachträge, biographische Skizzen und die überleitenden, verbindenden Passagen. Der Text hat von seiner Unmittelbarkeit zum Zeitgeschehen nichts verloren.

Orts- und Zeitangaben

Es wird jeweils derjenige Ort angegeben, an dem die Aufzeichnung erfolgte. Wenn kein Ort angegeben wird, dann trifft die vorausgehende Ortsangabe zu. Das kommt meistens bei zeitlich rasch aufeinanderfolgenden Eintragungen vor. Um die Einheitlichkeit zu bewahren, werden die Daten der Aufzeichnungen, auch wenn sie auf Englisch abgefasst sind, auf Deutsch angegeben.

Deutscher Text, Passagen auf Englisch

Das Tagebuch ist durchlaufend auf Deutsch abgefasst. Nur wenn die ursprünglichen Eintragungen auf Englisch geschrieben wurden, scheinen sie auch im Text zuerst auf Englisch auf. Dies trifft besonders auf Abschnitt 1 zu. Passagen auf Englisch werden unmittelbar anschliessend ins Deutsche übertragen. Alle Übersetzungen vom Englischen ins Deutsche im Text stammen von mir. Ich bin daher auch für ihre Richtigkeit verantwortlich.

Quellenmaterial

Namen, Biographien, historische Ereignisse und Daten wurden an Hand der folgenden Nachschlagewerke auf ihre Richtigkeit hin überprüft:

A) Enzyklopädien, Nachschlagewerke

Brockhaus Enzyklopädie.
Mannheim: F. A. Brockhaus, 19. neubearb. Aufl. 1986-1994. 24 vols.

Collier's Encyclopedia.
New York: P.F. Collier, rev. ed. 1996. 24 vols.

The Encyclopedia Americana: International Edition.
Danbury, Connecticut: Grolier Inc., rev. ed. 1999. 30 vols.

Der Grosse Ploetz: Auszug aus der Geschichte.
Freiburg: Verlag Ploetz, 1980.

B) Biographische Nachschlagewerke

American National Biography.
New York: Oxford University Press, 1999. 24 vols.
[Für Biographien aus der amerikanischen Geschichte bis 1900. Ersetzt das ältere Dictionary of American Biography (DAB) von 1926 und 1937.]

Current Biography Yearbook.
New York: H.W. Wilson Co., 1961-2000.
[Für jedes Jahr steht ein einzelner Band zur Verfügung.]

Deutsche Biographische Enzyklopädie.
München: K.G. Saur, 1995-2000. 12 vols.

Who's Who in America.
New Providence, New Jersey: Marquis Who's Who, 2000.

Who's Who in the World.
New Providence, New Jersey: Marquis Who's Who, 2000.

Einzelne Quellen, vor allem Bücher und Zeitschriften, werden im Text angegeben.


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