University of Notre Dame
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The Story of Notre Dame


Amerika - Europa

Ein transatlantisches Tagebuch 1961 - 1989

Klaus Lanzinger


Innsbruck, 30. Juli 1967

Rassenunruhen in den USA

Die jüngsten Rassenausschreitungen in Detroit und in einer Reihe von anderen amerikanischen Städten haben einen Radikalismus demonstriert, der unversöhnlich zu sein scheint und die Vereinigten Staaten in einen offenen Bürgerkrieg zu stürzen droht. Eine nationale Tragödie grossen Ausmasses spielt sich vor unseren Augen ab, und das gerade zu dem Augenblick, an dem eine Lösung des Dilemmas in greifbare Nähe gerückt schien. Nicht ohne Schadenfreude und falsche Spekulationen glauben nun linksgerichtete Kreise, die Achillesferse der westlichen Schutzmacht entdeckt zu haben, die Amerika in seiner Handlungsfähigkeit beeinträchtigt.

Mit Beklemmung und Sorge verfolgt man die Rassenunruhen aber dann, wenn man selbst vor einer Amerikareise steht. Es wird des Einsatzes aller guten Kräfte und wirksamer Aktionen zur Beseitigung der Slums in den Städten bedürfen, um der Sommer für Sommer gefährlicher werdenden Unruhen Herr zu werden. Es bleibt den Vereinigten Staaten keine andere Wahl, als eine Befriedigung des Rassenproblems zu erreichen. Allerdings, wie komplex dieses Unterfangen ist, davon hat man in Europa kaum eine Vorstellung.

Innsbruck, 31. Juli 1967

Bemerkungen zur europäischen Szene

Der Absolutismus des 17. und 18. Jahrhunderts sowie die Kaiserreiche des 19. Jahrhunderts haben prunkvolle Paläste hinterlassen, in denen die nachgeborenen Republikaner ihre Ministerien etabliert und ihre trockenen Amtsstuben eingerichtet haben. In den kunstvollen Ziergärten können nun einfache Bürgersfrauen ihre Kinderwägen spazieren führen. Wie öde und profan wäre doch Europa ohne den hinterlassenen Glanz der einst herrschenden Aristokratie.

[Das Überseestudienprogramm der University of Notre Dame hatte sich in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck in den ersten drei Jahren (1964-67) gut eingeführt. Es kamen jeweils 50 Studenten von Notre Dame auf ein Studienjahr nach Innsbruck. Die Gruppe wurde von einem Professor von Notre Dame begleitet, der die Leitung des Programms über hatte. Als Assistent am Amerika-Institut der Universität Innsbruck stand ich dem Programm als akademischer Berater zur Verfügung. In dieser Funktion hatte ich die Aufgabe, die Erfordernisse des Lehrplans einer katholischen Privatuniversität in Amerika den Studienmöglichkeiten in Innsbruck anzupassen. Durch diese Tätigkeit haben sich meine Bindungen an Notre Dame vertieft. Als mir für das Studienjahr 1967-68 eine Position als Visiting Associate Professor angeboten wurde, griff ich gerne zu. Auf diese Weise fuhren meine Frau und ich mit unseren beiden Kindern im August 1967 zum zweitenmal nach South Bend in Indiana. Das Herbstsemester in Notre Dame begann Ende August.]


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