University of Notre Dame
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The Story of Notre Dame


Amerika - Europa

Ein transatlantisches Tagebuch 1961 - 1989

Klaus Lanzinger


South Bend, 4. Juli 1976

The Bicentennial: Fourth of July, 1976

It was a gigantic birthday party. Among the highlights of the day: President Gerald Ford spoke to the national wagon train at Valley Forge*; then he addressed a special audience at Independence Hall in Philadelphia; at 2 p.m. he struck the bell on the Carrier Forrestal in New York Harbor whereby he started the bellringing throughout the nation. The most spectacular sight was the parade of sailing vessels up the Hudson River from maritime nations all over the world. The largest fireworks ever were displayed in the evening and the giant birthday cake at Fort McHenry in Baltimore added to the festive spirit.**

It was a remarkably harmonious 4th of July. America was at peace and at ease and everyone enjoyed the celebrations from the Jazz Festival in New Orleans to the rodeo in Flagstaff, Arizona. After two hundred years, the entire world celebrated America's birthday. There were observations in Berlin, Paris, Jerusalem, Leningrad and Warsaw, just to mention a few. It has been a great day and a magnificent spectacle altogether.

Although born by an act of rebellion, the idea of America has grown more by evolution than revolution during the past two hundred years, and it is still evolving. The foundations of American democracy have stood the test of time and will continue to do so in the future.

Now as the yearlong celebrations are over, it is time again to store away the wigs, bonnets, buckles, drums and fifes until the Tricentenial comes around. How will America look in a hundred years from now?

*[Das war die von Pferden oder Ochsen gezogene Planwagenkolonne, die von Siedlern in ihrer alten Bekleidung begleitet wurde, wie sie in der ersten Hälfte des 19. Jht. den amerikanischen Westen erschlossen hatten. Die Wagenkolonne hatte sich vor Monaten in Kalifornien in Bewegung gesetzt, war langsam ostwärts weitergezogen, bis sie ihr Ziel in Valley Forge in Pennsylvanien erreichte. Valley Forge war das Lager westlich von Philadelphia, in welchem George Washington und seine Truppen unter schwierigsten Umständen den Winter 1777-78 überlebten.]

**[Gegen Ende des Krieges von 1812-14 hielt das Fort McHenry, das die Zufahrt zum Hafen von Baltimore schützte, dem Angriff der britischen Flotte stand. Als der Dichter Francis Scott Key nach dem Angriff im Morgengrauen die amerikanische Fahne über dem Fort wehen sah, schrieb er den Text und die Melodie des Liedes “Star-Spangled Banner,” das schliesslich 1931 vom US-Kongress als Nationalhymne der Vereinigten Staaten angenommen wurde.]

Nachtrag zum Bicentenial

Das Bicentenial war die Zweihundertjahrfeier der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung durch den Zweiten Kontinentalkongress in Philadelphia am 4. Juli 1776. Die Erklärung hatte unwiderruflich den Unabhängigkeitskrieg ausgelöst. Der einleitende Satz im zweiten Absatz der Declaration of Independence – “We hold these Truths to be self-evident, that all Men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the Pursuit of Happiness” – ist zum Grundbegriff des amerikanischen politischen und juridischen Denkens geworden. Ich habe in einer Studie zum Bicentennial untersucht, wie Europa auf die amerikanische Unabhängigkeitserklärung reagierte. Dazu habe ich eine Umfrage bei einer Reihe von europäischen National- und Universitätsbibliotheken durchgeführt, um festzustellen, wie verbreitet die Erklärung war. Obwohl die Nachricht vom Aufstand der britischen Kolonien in Nordamerika wie ein Lauffeuer durch Europa ging, hatte es sehr lange gedauert, bis der Text der Declaration of Independence über den Atlantik gelangte. Ausser in London und Paris blieb die Declaration bis weit ins 19. Jht. so gut wie unbekannt. Es hat den Anschein, dass die meisten Bibliotheken in Europa erst nach 1945 ein Exemplar der Unabhängigkeitserklärung erhalten haben. Wenn die ursprünglich 13 Kolonien die Unabhängigkeit nicht erlangt hätten, wäre die Declaration of Independence ohne Zweifel der Vergessenheit anheimgefallen.

[Siehe Klaus Lanzinger, “The Foreign Response to the Declaration of Independence,” in Americana-Austriaca, vol. 4 (Wien: Wilhelm Braumüller, 1978), pp. 40-54.]

South Bend, 15. Juli 1976

The Democratic National Convention

Der Nationalkongress der Demokratischen Partei hat gestern Abend im Madison Square Garden in New York durch Akklamation Jimmy Carter zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl nominiert. Governor Jerry Brown von Kalifornien hat seine 73 Delegierten für Carter freigegeben. Diesem Beispiel folgte auch Morris Udall, der seine 348 Delegiertenstimmen freigab. Heute hatte Carter Senator Walter Mondale von Minnesota als seinen “running mate“ für das Amt des Vizepräsidenten vorgeschlagen. Der Vorschlag wurde ohne nennenswerten Widerstand angenommen.

Nachtrag

[Auf dem Nationalkongress der Republikaner in Kansas City wurde am 19. August Gerald Ford mit knapper Mehrheit vor Ronald Reagan als Kandidat aufgestellt. Als Mitkandidat für das Amt des Vizepräsidenten wurde Senator Robert Dole von Kansas gewählt. So standen sich bei der Präsidentschaftswahl im November Carter-Mondale und Ford-Dole gegenüber.]

South Bend, 20. Juli 1976

Die Marslandung

Mit der gelungenen weichen Landung der amerikanischen Sonde Viking I auf dem Planeten Mars ist ein weiterer Schritt vorwärts in der Erforschung des Weltraumes gemacht worden. Die von 200 Millionen Meilen Entfernung übertragenen Bilder sind verblüffend klar. Man hat dabei den Eindruck, als würden sie auf einer Geröllhalde irgendwo auf der Erde aufgenommen. Die Marslandschaft kommt der Erde viel näher als der Mond. Die leichte Kohlendioxyd-Atmosphäre erzeugt einen hellblauen, ins Gelbe und Rote gehenden Horizont. Man vermutet, dass unter der eisigen Nordpolkappe grosse Wassermengen eingefroren sind. Dies könnte die Voraussetzung dafür schaffen, dass Zeichen von Leben auf dem Mars gefunden werden.

Die Bilder vom Mars lassen die einjährige Reise der Sonde durch den Weltraum vergessen. Beachtlich sind die Vorausplanung und Programmierung dieses Unternehmehmens durch das Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien. Nicht minder erstaunlich ist die Tatsache, dass alle Apparate auf diese Entfernung hinweg klaglos funktionieren.


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