Gewissenserforschung der Nation
Die hearings, das lange Anhörverfahren von General Alexander Haig vor dem Senate Foreign Relations Committee ist in mancher Hinsicht zur Gewissenserforschung der Nation geworden. Es geht um die Bestätigung von Alexander Haig als US Secretary of State durch den Senat. Direkt daraufhin angesprochen, ob er die Anwendung von Atomwaffen ins Kalkül ziehen würde, antwortete Haig, dass die Abschreckung der amerikanischen Militärmacht nur dann glaubhaft sei, wenn der Einsatz von Atomwaffen als konkrete Möglichkeit befürchtet werden muss. Die amerikanische Geschichte, erklärte Haig, liefere genügend Beispiele, dass für die Freiheit gekämpft und das Leben eingesetzt worden sei. Nach diesen Aussagen kann kein Zweifel darüber bestehen, dass Haig als Aussenminister in der neuen Regierung im Notfall den Einsatz von Atomwaffen befürworten würde.
[General Alexander M. Haig, Jr., war von 1974-79 Oberkommandierender der US- und NATO-Streitkräfte in Europa.]
Sonntag, 18. Jänner 1981
Endlich frei
Nach 442 Tagen Gefangenschaft wird es heute mit jeder Stunde immer mehr zur Gewissheit, dass die 52 amerikanischen Geiseln in Teheran freigelassen werden. Die Meldungen aus Washington, Teheran und Algiers überstürzen sich. Deputy Secretary of State Warren Christopher hat von amerikanischer Seite die Verhandlungen geführt, die nun zur Freilassung der Geiseln geführt haben. Die Ironie der Situation will es, dass Präsident Carter das Geiseldrama ohne Blutvergiessen zum Abschluss bringen konnte, nur wenige Stunden, bevor seine Amtszeit abläuft.
20. Jänner 1981
Ronald Reagan als Präsident eingeschworen
Wie es die Verfassung vorsieht, wurde heute um 12 Uhr Mittag Ronald Reagan von Chief Justice Warren Burger als 40. Präsident der Vereinigten Staaten eingeschworen. Die Zeremonie fand traditionsgemäss auf der Westseite des Kapitols trotz Winterkälte auf offener Balustrade statt. Damit beginnt die neue republikanische Ära in Washington. In seiner Inaugurationsrede kündigte Reagan die Reduzierung der Bürokratie in der Bundesregierung, die Erneuerung der Rechte der Einzelstaaten sowie die Neubelebung der Wirtschaft durch Privatinitiative und Steuersenkung an.
[Ronald W. Reagan wurde 1911 in Tampico, Illinois, geboren; er graduierte 1932 vom Eureka College in Illinois; sein konservatives Weltbild und ausgeprägter Freiheitssinn wurden wesentlich durch den amerikanischen Mittelwesten geformt; von Beruf Radiokommentator, Filmschauspieler und Politiker. Reagan war Gouverneur von Kalifornien 1967-74 und US-Präsident 1981-89.]
P.S.
Eine halbe Stunde nach der Amtsübernahme von Präsident Reagan kam die Nachricht durch, dass die algerische Maschine mit den 52 amenkanischen Geiseln an Bord von Teheran abgeflogen ist und den iranischen Luftraum verlassen hat. Die befreiten Geiseln werden über Athen nach Algiers geflogen, dort von einer amerikanischen Militärmaschine übernommen und nach Frankfurt gebracht. Im amerikanischen Spital in Wiesbaden werden sie dann medizinisch betreut und für die Heimkehr in die Vereinigten Staaten vorbereitet.
Überwältigend war der Anblick, wie die 52 freigelassenen Geiseln kurz nach Mitternacht Ortszeit, bzw. ca. 8 Uhr abends an der amerikanischen Ostküste, aus der Maschine in Algiers ausstiegen und die Landerampe herunterkamen. Endlich frei! - war der Gedanke, welcher nicht nur die Familien und Angehörigen, sondern Millionen von Menschen in aller Welt in diesem Augenblick bewegte. Allmählich wird die Erleichterung spürbar, dass dieses beispiellose Drama vorüber ist.
27. Jänner 1981
The Homecoming
Selten hat ein Ereignis Amerika so bewegt, wie das homecoming, die Heimkehr der former hostages, der früheren Geiseln. Es waren nicht nur die herzzerreissenden Szenen der Familien, die am meisten gelitten hatten und nun wieder zusammengeführt wurden, die Abscheu über die Misshandlungen, die nun bekannt wurden, sondern auch das Bewusstwerden, wie sehr die persönliche Freiheit missachtet und zum Spott werden kann, was die Menschen aufrüttelte. Da wurde Amerika empfindlich getroffen. Allmählich verschwindet die Flut an yellow ribbons, an gelben Bändern, die an Baumstämmen und Türpfosten angebracht wurden in der Hoffnung, dass die Vermissten wieder nach Hause kommen.