Der kalte Wind von Reykjavik
Das mit grosser Erwartung angegangene Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Ronald Reagan und Generalsekretär der UdSSR Mikhail Gorbatschow über dieses Wochenende in Reykjavik endete mit einer Enttäuschung. Schon als sich die beiden Gesprächspartner vor dem Loefdi Haus zeigten, war die eingetretene Spannung und Kühle in den Mienen zu sehen. Als dann Secretary of State George Shultz geradezu versteinert vor die Kamera trat, war es klar, dass dieser Gipfel gescheitert ist. Obwohl ein Abkommen zur Reduzierung sowohl der strategischen Interkontinentalraketen als auch der in Europa stationierten Mittelstreckenraketen in greifbare Nähe gerückt war, scheiterten die Verhandlungen am sowjetischen Bestehen darauf, dass die Vereinigten Staaten ihre SDI (Strategic Defense Initiative) aufgeben. Gerade darauf konnte Reagan, wie er immer wieder betont hatte, nicht verzichten. Nach den gescheiterten Verhandlungen in Reykjavik haben sich auch alle Hoffnungen zerschlagen, dass es in den nächsten Monaten zu einem Treffen in Washington kommen wird, wo der Abschluss der Verträge zur Reduzierung des nuklearen Waffenarsenals hätte zustandekommen sollen.
14. Oktober 1986
Die kalte Dusche von Reykjavik ist noch in der ganzen Welt spürbar, während beide Seiten zu erklären versuchen, warum das Gipfeltreffen schiefgegangen ist. Das Misstrauen, das Ost und West voneinander trennt, ist wieder aufgebrochen. Im Rückblick auf Reykjavik wird man den Gedanken nicht los, dass eine historische Chance verpasst worden ist, die Welt vom Schrecken eines Atomkrieges zu befreien. Immerhin wurde von beiden Seiten angeregt, das Arsenal an Nuklearwaffen auf die Hälfte zu reduzieren und möglicherweise innerhalb von zehn Jahren ganz zu eliminieren.
Nachtrag
[Das Gipfeltreffen von Reykjavik fand am 11. und 12. Oktober 1986 statt. Es waren trübe Oktobertage in Island, Regen gemischt mit Schnee. Reagan und Gorbatschow trafen sich im Loefdi Haus, einer kleinen Villa ausserhalb von Reykjavik. Gorbatschow war gut vorbereitet zu diesem Treffen gekommen und legte ein umfassendes Abrüstungsangebot auf den Tisch. Die strategischen nuklearen Waffen aller Kategorien sollten zu 50%, die in Europa stationierten Mittelstreckenraketen zur Gänze abgeschafft werden. Darüberhinaus sollte ein Verbot für Tests von Atomwaffen in Kraft treten. Beide Teile sollten sich an das ABM (Anti-Ballistic Missile)-Abkommen von 1972 halten.
Die amerikanische Seite war überrascht und unter Zugzwang geraten. Das war der umfassendste Abrüstungsvorschlag, der von der Sowjetunion je gemacht worden ist. Beide Delegationen arbeiteten die ganze Nacht vom 11. auf den 12. Oktober durch, um Einzelheiten des Vorschlags zu klären. Auf der Aussenministerebene sassen sich George Shultz und Eduard Shevardnadze gegenüber. Im Laufe des Tages vom 12. Oktober war man sich soweit einig geworden, dass bis 1996 alle nuklearen Waffen abgeschafft werden sollten. Gorbatschow bestand aber darauf, dass er dem Abkommen nur dann zustimmen kann, wenn die Verinigten Staaten ihr SDI-Programm auf Forschungsarbeiten im Labor beschränken und keine Tests im Weltraum durchführen. Dies wäre einem Verzicht auf das SDI-Programm gleichgekommen. Reagan mit der Unterstützung von George Shultz lehnte ab und betrachtete die Konferenz für beendet. Es bleibt ein Rätsel, warum die Verhandlungen in Reykjavik an einer Sache wie SDI, deren Wirksamkeit vielfach bezweifelt wurde, gescheitert sind. Beide Seiten beharrten hartnäckig auf ihre Positionen. Reagan verliess Reykjavik verärgert. Gorbatschow hingegen gab sich eher zuversichtlich. Er betrachtete die eingeleiteten Abrüstungsgespräche zwischen den beiden Supermächten als Anfang zur Beendigung des Kalten Krieges. Edmund Morris beschreibt in Dutch: A Memoir of Ronald Reagan, pp. 592-602, ausführlich die gespannte Stimmung, die in Reykjavik herrschte. George P. Shultz berichtet dagegen in seinem Buch, Turmoil and Triumph: My Years as Secretary of State (New York: Charles Scribner's Sons, 1993), Kap. 36 What Really Happenend at Reykjavik, pp. 751-80, eingehend über den Verlauf des Gipfeltreffens, wobei er auch auf den gereizten Wortwechsel zwischen Reagan und Gorbatschow eingeht, der zum Abbruch der Verhandlungen führte.]
South Bend, 25. Oktober 1986
Ein Bischof aus Österreich zu Besuch
Bischof Stefan Laszlo aus Eisenstadt, der zur Zeit mit einer Delegation der burgenländischen Landesregierung Mexiko und die USA bereist, kam zu Besuch nach South Bend. Er zelebrierte heute eine Vorabendmesse in Our Lady of Hungary Church, der ungarischen Kirche auf der Westseite der Stadt, die eine starke Bevölkerung slawischer und burgenländischer Herkunft aufweist. Bischof Laszlo las die Messe auf kroatisch, ungarisch und deutsch. Es hatte den Anschein, als ob die Völkerschaften der alten österreichisch-ungarischen Monarchie sich hier im Mittelwesten wie unter einem Schutzmantel zum Gebet versammelt hätten. Von der Person dieses Bischofs aus dem Burgenland geht eine besondere Strahlkraft aus - tief menschlich, religiös und zugleich erdverbunden praktisch. Zwischen Bischof Laszlo und der hiesigen ungarischen und burgenländischen Gemeinde bestehen alte Bande der Freundschaft, kommt doch Laszlo alle paar Jahre hierher zu Besuch.