University of Notre Dame
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The Story of Notre Dame


Amerika - Europa

Ein transatlantisches Tagebuch 1961 - 1989

Klaus Lanzinger


South Bend, 1.-7. Oktober 1979

Der Papstbesuch in den USA

Von Irland kommend, traf Johannes Paul II. am Montag, dem 1. Oktober, spät nachmittag in Boston ein. Damit begann sein erster Pastoralbesuch in den Vereinigten Staaten. Schon bei seiner ersten Messe am Boston Commons hatten sich mehr als eine Million Menschen eingefunden. Von diesem Papst geht ein besonderes Charisma aus. Millionen von Menschen aller Konfessionen strömen ihm zu. Seine Menschlichkeit und sein pastorales Anliegen wirken überzeugend, woimmer seine Person in Erscheinung tritt. Am nächsten Tag, dem 2. Oktober, hielt er seine Ansprache vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. Er nahm auf die Allgemeinen Menschenrechte Bezug, die in der Charta der Vereinten Nationen verankert sind. Er hob die “inalienable rights” hervor, die unveräusserlichen Rechte jedes einzelnen Menschen auf Gewissensfreiheit und Freiheit zur Religionsausübung. Er bezog sich damit auch auf den Grundsatz der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Sein Hauptanliegen blieb auf die Würde des Menschen ausgerichtet, die es aufrechtzuerhalten gilt. Das zweite Thema seiner Rede betraf den Frieden und die gegenwärtigen Bemühungen, das atomare Wettrüsten einzuschränken.

Die New Yorker gaben ihm, was selten vorkommt, eine “ticker-tape parade,” als seine Wagenkolonne den Broadway hinunter an die Spitze von Manhattan zum Battery Park fuhr. Mit der Freiheitsstatue im Hintergrund sprach er trotz strömenden Regens zu einer Menschenmenge, welche die Vielfalt der amerikanischen Einwanderung widerspiegelte. In Philadelphia nahm Johannes Paul II. wiederum Bezug auf das Thema der Freiheit, das durch die Independence Hall historisch vorgezeichnet war. Nach dem Besuch einer Farm in Iowa, wo er die Messe unter freiem Himmel in der offenen Prärie las, kam er am Freitag, dem 5. Oktober, nach Chicago. Besonders die Chicagoer polnischer Herkunft umjubelten ihren Papst. Eine halbe Million Menschen strömte zur Messe in den Grant Park. Von Chicago flog Johannes Paul II. nach Washington, DC, wo er von Präsident Carter im Weissen Haus empfangen wurde. Am Sonntag, dem 7. Oktober, kam sein erster Besuch als Papst in den USA zu Ende.

Es lässt sich nicht leugnen, dass Amerika sich selbst durch diesen Papstbesuch in seinen wesentlichen Werten bestätigt sah. Andererseits hat Johannes Paul II. sicher auch von dem frischen Optimismus, dem er hier begegnete, Stärke geschöpft.

South Bend, [Anfang Oktober] 1979

Vorbereitung auf die amerikanische Staatsbürgerschaft

Wenn man einmal die “permanent residence,” die Aufenthaltsbewilligung auf Dauer bekommen hat, wird einem empfohlen, die amerikanische Staatsbürgerschaft anzustreben. Dafür ist als “residence requirement,” als Aufenthaltserfordernis ein fünfjähriger Aufenthalt im Land vorgeschrieben. Nur wenn man im Dienst einer amerikanischen Firma oder Institution im Ausland arbeitet, wird auch diese Zeit für die Aufenthaltserfordernis angerechnet. Für mich und meine Familie stand fest, dass wir die amerikanische Staatsbürgerschaft annehmen, sobald die Voraussetzungen dafür gegegben sind. Der letzte Weg zur amerikanischen Staatsbürgerschaft ist eigentlich einfach. Der Bewerber braucht zwei US-Staatsbürger als Zeugen, die für ihn ein gutes Leumundszeugnis abgeben. Unsere Zeugen waren Professor und Mrs. Louis Hasley vom English Department an der University of Notre Dame, mit denen wir seit unserem ersten Aufenthalt in Notre Dame befreundet waren. Professor und Mrs. Hasley hatten 1964-65 die Notre Dame Studentengruppe in Innsbruck betreut. Sobald man die Bewerbung einreicht, wird man mit den Zeugen vor einen Untersuchungsrichter geladen, der noch einmal die Unterlagen und Personalien überprüft. Der Untersuchungsrichter vergewissert sich auch, dass man sich auf Englisch verständigen kann, und stellt ein paar bürgerkundliche Fragen, wie z.B., wer der erste oder der 16. Präsident der USA war. Bewerber werden auch getestet, ob sie ihren Namen in lateinischen Buchstaben schreiben können, was bei der starken Einwanderung aus Südostasien durchaus keine Selbstverständlichkeit ist. Der ganze Amstvorgang läuft in einer freundlichen und gelösten Atmosphäre ab, da ja alle wesentlichen Fragen schon vorher geklärt worden sind. Nach einigen Wochen wird man dann vor einen Bundesrichter geladen, der den Eid auf die amerikanische Verfassung abnimmt.


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