Menschen auf der Flucht
Wiederum hat eine Fluchtwelle von Menschen aus dem Osten nach Westen eingesetzt. Aus der DDR fliehen derzeit Tausende über Ungarn nach Österreich. Ungarn hatte im Mai den Eisernen Vorhang aufgehoben, sodass nach Österreich eine leichter überschreitbare Grenze entstanden ist. Von Österreich werden die Flüchtlinge in Zügen und Bussen in die BRD gebracht, wo sie automatisch das Bürgerrecht beanspruchen können. Über dieses Wochenende werden an die 15 bis 20.000 Menschen erwartet, welche die Grenze nach Österreich überschreiten werden. Es sind Bürger aus der DDR, die in Ungarn auf Urlaub sind und nun diese Gelegenheit benutzen, um in den Westen zu fliehen.
10. September 1989
Der Weg in die Freiheit
Heute knapp nach Mitternacht Ortszeit hat die ungarische Regierung für 5.000 ostdeutsche Flüchtlinge, die in den letzten Tagen in Auffanglagern bei Budapest festgehalten wurden, den Weg freigegeben, dass sie die Grenze nach Österreich überschreiten können. Es wurde dazu nicht das Morgengrauen abgewartet, sondern der Zug der Menschen, denen noch die Angst und Verzweiflung anzusehen war, setzte sich unmittelbar in Bewegung. Mit der Zeitverschiebung waren diese Bilder in Amerika bereits in den 10 Uhr Abendnachrichten zu sehen. Es haben sich erschütternde Szenen abgespielt, die wiederum beweisen, was die Freiheit bedeutet, wenn man sie nicht hat.
Was sich in diesen Tagen abspielt, ist der grösste Exodus aus der DDR seit Errichtung der Berliner Mauer vor 28 Jahren. Die DDR drängt sich selbst durch ihre hartnäckige Weigerung, Reformen durchzuführen, im Ostblock in die Isolierung.
South Bend, 30. September 1989
Der Exodus aus der DDR nimmt immer umfangreichere und groteskere Formen an. Derzeit warten an die 3.000 ostdeutsche Flüchtlinge in der bundesdeutschen Botschaft in Prag auf ihre Abreise in die BRD. Aussenminister Hans-Dietrich Genscher konnte, anscheined durch sowjetische Vermittlung bei den Vereinten Nationen, die Ausreise der ostdeutschen Flüchtlinge aus Prag erwirken. Inzwischen ist auch die bundesdeutsche Botschaft in Warschau Zufluchtstätte für ostdeutsche Flüchtlinge geworden.