Die Entwicklung der Atombombe
Keine wissenschaftliche Entdeckung hat das politische Machtgefüge der Welt so schlagartig verändert wie die von Enrico Fermi vor 25 Jahren an der University of Chicago ausgelöste nukleare Kettenreaktion, die unmittelbar zur Entwicklung der Atombombe führte.
[Der italienische Physiker und Nobelpreisträger Enrico Fermi (1901-54) konnte am 2. Dezember 1942 an der University of Chicago die erste selbsterhaltende Kernreaktion durchführen. Daraus entstand im Los Alamos Scientific Laboratory in New Mexico von 1942-45 die Atombombe. 1967 wurde bei Batavia westlich von Chicago das Fermi National Accelerator Laboratory (Beschleuniger) eröffnet. Das Fermi Laboratorium gehört zu den bedeutendsten Zentren für die Kernforschung in der Welt.]
Mit dem heutigen Ableben von Kardinal Spellman hat die katholische Kirche in Amerika ihre profilierteste Persönlichkeit verloren.
[Francis Joseph Cardinal Spellman (1889-1967) war von 1939 bis zu seinem Tod Erzbischof von New York. Er war als Militärvikar im 2. Weitkrieg bekannt geworden und hatte massgeblich an der Friedensordnung nach 1945 mitgewirkt.]
South Bend, 23. Dezember 1967
Jet Age Diplomacy Diplomatie im Zeitalter des Düsenflugzeugs
Veranlasst durch den tragischen Tod des australischen Premiers Harold Holt, flog Präsident Johnson nach Australien. Die Rückreise von den Trauerfeierlichkeiten in Canberra benützte der amerikanische Präsident dazu, um mit den Staatschefs in mehreren Ländern Südostasiens persönlich sprechen zu können und noch vor Weihnachten die vorgeschobenen Militärposten in Vietnam zu besuchen. Der mehrstündige Aufenthalt in Europa genügte für eine Audienz bei Papst Paul VI. Das Hauptanliegen der Reise Johnsons war eine friedliche Lösung für Vietnam zu finden. Diese neue Form der Diplomatie, die in einer Woche den Globus umspannt, ist durch das Düsenflugzeug möglich geworden.
[Harold E. Holt (1908-67), ab 1966 Premierminister von Australien, war auf tragische Weise durch Ertrinken im Dezember 1967 ums Leben gekommen. Holt hatte die Vietnampolitik von Präsident Johnson unterstützt.]
South Bend, 23. Dezember 1967
Die Unkenntnis über Europa
In einem vor kurzem von allen Fernsehstationen ausgestrahlten Interview nahm Präsident Johnson zu Weltproblemen Stellung. Dabei kam eine erschreckende Unkenntnis der europäischen Verhältnisse zutage. Europa wurde einfach als befriedet betrachtet, das keiner weiteren Erörterung bedürfe. Der Vorwand, dass das amerikanisch-europäische Verhältnis durch das Engagement in Vietnam gelitten hätte, und die europäischen Verbündeten sich vernachlässigt fühlten, wurde damit abgetan, dass Wilson und Kiesinger ohnedies in Washington gewesen seien, und alles zum Besten stünde.
[Harold Wilson, British Prime Minister 1964-70; Kurt Georg Kiesinger, deutscher Bundeskanzler 1966-69.]
South Bend, [Ende] Dezember 1967
Die ersten Weihnachten in Amerika
Die ersten Weihnachten in den Vereinigten Staaten brachten für meine Familie und mich eine Reihe von Überraschungen. Die Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest hatten gleich nach Thanksgiving Ende November, also viel früher als zu Hause begonnen. Die geschmückten Christbäume wurden bereits vierzehn Tage vor dem Weihnachtsabend mit kleinen Glühbirnen bunt beleuchtet brennende Kerzen sind wegen Feuergefahr untersagt an die Fenster gestellt. Hauseingänge sowie ganze Fassaden und Bäume in den Gärten waren ebenso bunt beleuchtet. Der christliche Charakter des Weihnachtsfestes blieb durchaus erhalten, die Kommerzialisierung war nicht viel stärker als in Europa. Überraschend waren die zahlreichen gut vorgetragenen Weihnachtslieder, die vielfach aus der englischen carol Tradition kommen. Es wurden auch viele deutsche Weihnachtslieder mit englischem Text gesungen, Silent Night, Holy Night war überall zu hören. Das Fernsehen brachte eine Reihe beliebter Christmas Shows. Wir holten uns den Weihnachtsbaum von einer Christmas Tree Farm, wo man sich eine Scotch pine (Föhre) oder fir (Tanne) aussuchen und selbst abschneiden konnte. In der Christmas Midnight Mass in der Sacred Heart Church von Notre Dame, deren musikalische Gestaltung und Lesungen dem am nächsten kamen, was wir von zu Hause gewohnt waren, fühlten wir uns heimisch. Das Weihnachtsfest brach jäh mit dem 26. Dezember ab, der in Amerika ein gewöhnlicher Werktag ist.