Amerika nahm den Abschluss des Vietnamkrieges mit einem Gefühl grosser Erleichterung auf. Es drängte Millionen von Menschen, in die Kirche zu gehen und ein Dankgebet zu sprechen. Es ist der längste Krieg in der amerikanischen Geschichte zu Ende gegangen.
Die Freilassung der Kriegsgefangenen
In diesen Tagen spielt sich oft das erschütternde Schauspiel ab, dass die Familien von amerikanischen Kriegsgefangegen Nachricht erhalten, dass ihr vermisster Sohn, Vater oder Gatte nach Hause kommen wird, aber schon kurz darauf vom Gegenteil überrascht werden, da der Name des Vermissten auf der von Nordvietnam überreichten Liste nicht aufscheint. Die Tragödien, die sich hier abspielen, erinnern an die Schicksale der Heimkehrer aus dem 2. Weltkrieg.
South Bend, 12. Februar 1973
Die Heimkehr der Kriegsgefangenen
Die Freilassung und Heimkehr der amerikanischen Kriegsgefangenen aus Nordvietnam und aus den Dschungellagern des Vietcong haben zu erschütternden und herzzerreissenden Szenen geführt. Oft haben Familien fünf bis sieben Jahre auf diesen Tag gewartet, wobei es immer ungewiss geblieben ist, ob der Vermisste überhaupt je wieder nach Hause kommen wird. Es war ergreifend zu sehen, wie der erste Kriegsgefangene auf der Clark Air Force Base in den Philippinen das Rote Kreuz Flugzeug verliess und mit zitternder Stimme, aber mit Bestimmtheit God bless America! ins Mikrophon sprach.
Die Freilassung der Nordvietnamesen aus südvietnamesischer Kriegsgefangenschaft bot andererseits ein Bild kaum vorstellbaren Elends. Es war ein Zug auf Krücken und in Lumpen gehüllter menschlicher Gestalten. Die bestialische Grausamkeit dieses Krieges wurde damit noch einmal offenkundig.
South Bend, 12. Februar 1973
Die Dollarabwertung
Präsident Nixon beschloss eine 10% Abwertung des amerikanischen Dollars, um dem Spekula-tionsdruck der letzten Woche zu begegnen. Die Abwertung hat in Amerika kaum Aufsehen erregt, da der amerikanische Binnenmarkt vorläufig davon nicht betroffen wird. Eine Dollarab-wertung verursacht in Europa und in Japan mehr Aufregung als hier. Allerdings sind die rund zwei Millionen Amerikaner, die im Ausland leben, davon weniger erfreut. Mit dieser Abwertung wird das Lohn- und Preisniveau unter den führenden Industrieländern näher angeglichen. Die periodisch eintretenden internationalen Währungskrisen werden erst dann behoben sein, wenn das Preis- und Lohngefälle zwischen Amerika und dem Gemeinsamen Markt einerseits und Japan andererseits ausgeglichen ist. Die Regierung Nixon scheint jedenfalls entschlossen zu sein, das eigene Haus in Ordnung zu bringen, indem sie eine ausgeglichene Zahlungsbilanz anstrebt.
South Bend, 25. Februar 1973
Die Kehrseite des Wohlstandes
Obwohl die multinationalen Konzerne in Amerika die Wirtschaftsmacht und den Wohlstand des Landes darstellen, wird vielfach übersehen, mit welchen Opfern dieser Wohlstand erkauft wird. Die Manager und mittleren Angestellten dieser Firmen werden wie Schachfiguren in einem globalen Operationsfeld pausenlos versetzt. Die davon betroffenen Familien packen ihre Koffer nie ganz aus. Es lässt sich nur schwer ermessen, was dies für die Frauen bedeutet, die sich nach einem ständigen Heim sehnen, sowie für die Kinder, die ständig die Schule wechseln müssen. Die strapazierten Nerven führen oft zu Ehekrisen und Scheidungen. Diese globale Bewegung betrifft auch den diplomatischen Dienst, das Militär und zu einem gewissen Grad auch die Universitäten. Der Amerikaner wechselt im Durchschnitt alle drei Jahre seinen Wohnsitz. Dadurch ist hier einer der regsten Realitätenhandel der Welt entstanden. Man kauft hier ein Haus wie anderswo ein Auto oder ein anderes Konsumgut. Was aber bisher eine Wanderung innerhalb des Landes gewesen ist, dehnt sich nun auf fünf Erdteile aus.