Die französischen Nachwahlen
Die heutigen Nachwahlen für das französische Parlament haben nochmals einen knappen Sieg der Gaullisten gebracht. Vor diesen französischen Wahlen haben sowohl das bürgerliche Westeuropa wie auch die Vereinigten Staaten gebangt, war doch zu befürchten, dass die sozialistische-kommunistische Koalition Frankreich einen Linksrutsch bringen könnte. Dies hätte unabsehbare Folgen für Europa und das Atlantische Bündnis gehabt. Aber wie lange wird es dauern, bis dieses Menetekel wieder drohend an der Wand steht? Wird inzwischen Italien dem Druck von links standhalten können? Ist Europa dazu bestimmt zur neutralen Zone zu werden, die sich von Amerika absondert und dann unwillkürlich in die Einflusssphäre Moskaus gerät? All das, so befürchtete man zumindest hier, stand bei diesen französischen Wahlen auf dem Spiel.
South Bend, 12. März 1973
Die geglückten Wahlverwandtschaften
Wie kann man bei einem Amerikaner, der O'Leary heisst, wissen, dass seine Frau aus Sizilien stammt, bei einem Casablanca, dass sein Grossvater Ire war, oder bei einem Preston, dass seine Schwiegereltern aus Wien, Frankfurt oder Warschau kamen. Die europäischen Nationen haben sich in Amerika auf die natürlichste, unkomplizierteste und selbstverständlichste Weise miteinander verbunden. Wäre daraus nicht auch für Europa Trost zu schöpfen? Denn warum sollte in Europa nicht möglich sein, was hier so fruchtbar und glücklich gelungen ist?
South Bend, [Mitte März] 1973
Jeder kennt Deutschland
Man würde es kaum für möglich halten, wieviele Amerikaner Deutschland kennen. An einem Samstagnachmittag habe ich mindestens fünf Personen getroffen vom Friseur, Tankwart, bis zum Schuhverkäufer -, die drei bis sechs Jahre in Garmisch, Stuttgart oder Heidelberg stationiert waren. Sie alle träumen jetzt davon, als Touristen nach Deutschland oder Österreich zurückzukehren. Wenn seit nun fast dreissig Jahren rund eine halbe Million amerikanischer Truppen, teils mit ihren Familien in Deutschland stationiert waren, so hat das seine Auswirkung. Überraschend ist dennoch die Breitenwirkung, welche die Stationierung in Deutschland gehabt hat.
South Bend, 28. März 1973
Die letzten Kriegsgefangenen
Heute ging mit dem Austausch der letzten Kriegsgefangenen und dem Abzug der letzten amerikanischen Truppen das amerikanische Engagement in Vietnam zu Ende. In das Gefühl der allgemeinen Erleichterung mischt sich auch die Entschlossenheit zu sagen: Never again! (Niemals wieder!)
South Bend, 30. März 1973
Die Überraschungen einer Universitätskarriere
Man ist im akademischen Leben vor Überraschungen nie sicher. Manchmal sind es auch freudige, die der Ironie nie ganz entbehren. Wir waren hier gerade in unser neues Haus eingezogen, als ich von einer bekannten deutschen Universität die Einladung erhielt, mich um den neu geschaffenen Lehrstuhl für Amerikanistik zu bewerben. Was tun? Die Entscheidung war nicht leicht. Nach einer Aussprache mit meiner Frau stand jedoch der Entschluss fest: Keine Übersiedlung, kein Wechsel des Wohnortes mehr, wir wollten den frisch gesäten Rasen im Garten grünen sehen. Dass Notre Dame sich so sehr für mich eingesetzt hatte, war mit ein Grund hierzubleiben.