University of Notre Dame
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The Story of Notre Dame


Amerika - Europa

Ein transatlantisches Tagebuch 1961 - 1989

Klaus Lanzinger


South Bend, 4. März 1975

James T. Farrell

Mit schwerem Atem, der ihn nur mühsam die Worte zu ganzen Sätzen formen liess, sprach der Autor der Studs Lonigan Trilogie und weiterer 20 Romane zu den Studenten von Notre Dame. Mit 72 Jahren und sichtlich leidend ist Farrell die herausragende Figur des Naturalismus in der amerikanischen Literatur geblieben, die eine Brücke zurück zu Frank Norris und Theodore Dreiser bildet. Er ist auch ein Beispiel dafür, dass Chicago seit Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem lebendigen Zentrum der amerikanischen Literatur geworden ist.

[Die Studs Lonigan Trilogie (1932-35) ist eine autobiographische Schilderung der Jugendjahre Farrells in Chicago.]

South Bend, 7. März 1975

Pnom Penh

Der dringende Appell von Präsident Ford an den Kongress und die amerikanische Bevölkerung, der schwer bedrängten Hauptstadt von Kambodscha in letzter Stunde zu Hilfe zu kommen, blieb ohne Widerhall. Nach den Erfahrungen von Vietnam, ist niemand mehr gewillt, Truppen nach Indochina zu entsenden. Man hat sich bereits mit der Tatsache abgefunden, dass Pnom Penh fällt, und das kommunistische Regime der Khmer Rouge Befreiungsfront Kambodscha übernimmt.

South Bend, 17. März 1975

Der Präsidentenbesuch

Bereits dreimal ist die University of Notre Dame der historische Schauplatz für den Besuch eines amtierenden Präsidenten gewesen: Franklin D. Roosevelt 1935, Dwight D. Eisenhower 1960 und am heutigen St Patrick's Day Gerald R. Ford. Der offizielle Anlass des Besuches war die Verleihung eines Ehrendoktorates der Jurisprudenz an Gerald Ford. Aber darüber hinaus hatte die Anwesenheit des Präsidenten am Notre Dame Campus weitreichendere Bedeutung. Es soll davon eine heilende Wirkung ausgehen, um eine Aussöhnung zwischen Regierung und Universitäten herbeizuführen. Zum erstenmal seit zehn Jahren hat ein US-Präsident wieder den Boden einer grösseren amerkanischen Universität betreten. Es wurde Ford ein spontan herzlicher Empfang bereitet.

Durch eine zufällige Platzverteilung kam ich direkt vor dem Rednerpult mit dem “Seal of the President of the United States” zu sitzen. Ford machte den Eindruck einer informellen, geraden, aufrechten Persönlichkeit. Das humanitäre Anliegen seiner Rede kam ihm sichtlich von Herzen. Seine Sprachgewohnheit, das “e” in “judg(e)ment” betont auszusprechen, war nicht zu überhö-ren. Fords Rede war eine klare Absage an den neu aufkommenden Isolationismus. Amerika werde sich nicht von seinen internationalen Verpflichtungen zurückziehen. Trotz der Wirt-schaftsregression im eigenen Land sei er entschlossen, die Hilfslieferungen an die notleidenden Nationen in der Welt fortzusetzen. Für einen Tag war der Notre Dame Campus das Informations-zentrum im Lande. Die Sicherheitsvorkehrungen waren dementsprechend umfangreich, aber nicht aufdringlich. Es gab keine Protestdemonstrationen oder Zwischenfälle. Der Besuch verlief zur beiderseitigen Zufriedenheit – für den Präsidenten als auch für die Universität.

South Bend, 30. März 1975

Menschen auf der Flucht

In Südvietnam ereignet sich wieder mit all seinem Elend die Tragödie unseres Jahrhunderts: Menschen auf der Flucht. In diesen Tagen fliehen Millionen aus den nördlichen Provinzen vor den vorrückenden nordvietnamesischen Truppen. Nur mit dem, was sie am Leibe haben, versuchen sie jede nur denkliche Gelegenheit zur Flucht nach dem noch sicheren Saigon zu ergreifen. Die wichtige Hafenstadt Da Nang ist heute gefallen. Was amerikanische Truppen ein Jahrzehnt lang mit äusserster Anstrengung verteidigt haben, wird nun fast widerstandslos aufgegeben. Südvietnam wird einfach vom Norden her überrannt.


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