University of Notre Dame
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The Story of Notre Dame


Amerika - Europa

Ein transatlantisches Tagebuch 1961 - 1989

Klaus Lanzinger


South Bend, 18. Mai 1976

Wahlwerbung und Tulpenfest in Michigan

In seinem Heimatstaat Michigan musste Gerald Ford die Vorwahl gewinnen, um als Kandidat der Republikaner glaubhaft zu bleiben. Er griff dabei auf die alte Werbemethode des “whistle-stopping” zurück. Von der hinteren Plattform eines Eisenbahnzuges, der in kleinen Städten und Dörfern haltmachte, sprachen Präsident und Mrs. Ford zu den Wahlversammlungen und mischten sich unter die Leute. Der Höhepunkt dieser Wahlreise war das Tulpenfest in Holland, Michigan, das jedes Jahr mit einer grossen Wagenparade stattfindet. Ford hat die Michigan Primary mit fühlbarem Vorsprung vor Reagan gewonnen.

South Bend, 24. Mai 1976

Frankreich und die USA im Bicentennial-Jahr

Aus Anlass des Bicentennials stattete der Präsident von Frankreich Valery Giscard d'Estaing den USA einen Staatsbesuch ab. Wie nicht anders zu erwarten, flog er mit der Concorde nach Amerika. Die Werbung für das neue französisch-britische Überschallflugzeug, das den Atlantik in 3 Stunden 50 Minuten überquert, ist verständlich. Der französische Präsident erwirkte schliesslich die umstrittenen Landerechte für die Concorde in Washington, DC, und in Dallas, Texas.

Giscard d'Estaing erwies sich in Washington als ein Staatsmann von Format und Weitblick. Er knüpfte an die historische Allianz zwischen Amerika und Frankreich im Unabhängigkeitskrieg an und hob hervor, dass seitdem die franko-amerikanische Freundschaft nie erloschen ist. Er sprach von der “malaise Americain,” wonach die Amerikaner im Zweifel über sich selbst vergessen könnten, welche Aufgabe in der Welt das Schicksal ihnen zugeteilt habe. Er gab sich zuversichtlich, dass die USA die Krisen von Vietnam und Watergate überwinden werden. In seiner Botschaft an Amerika hob er vier Punkte hervor, welche in der Zukunft das amerikanisch-europäische Verhältnis bestimmen sollten: 1) Die übernommene Verpflichtung zur Verteidigung der westlichen Welt aufrechtzuerhalten; 2) einen aktiven Beitrag zu leisten, um die internationale Währungsordnung zu gewährleisten; 3) mitzuhelfen, in Freundschaft und Partnerschaft Europa als eigene politische Einheit zu bilden; 4) eine verstäkte Teilnahme am Dialog mit der Dritten Welt, um eine gerechtere und stabilere Weltordnung zu schaffen.*

Der aussergewöhnliche Erfolg der letzten 200 Jahre stärke in der Ansicht von Giscard d'Estaing das Vertrauen, dass Amerika die Herausforderungen der modernen Welt meistern kann, während es gleichzeitig dem Ideal der Freiheit und der Humanität treu bleibt.

*[Der englische Text von Giscard d'Estaings “Message to America” oder Botschaft an Amerika ist in Time Magazin vom 24. Mai 1976, p. 21 abgedruckt.]


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