Wie sich verhalten?
Wie soll man sich als Amerikaner in Europa oder als Emigrant, wenn man in die alte Heimat zurückkehrt, verhalten? Am besten ist es, wohlwollende Distanz üben, im guten Geist sich für die hiesigen Verhältnisse und Ereignisse aufgeschlossen zeigen, aber sich keinesfalls in die inneren Angelegenheiten einmischen.
Innsbruck, 5. Jänner 1978
Die erste Weltreise von Präsident Carter
Über den Jahreswechsel unternahm Präsident Carter seine erste grosse Reise, um mit den Problemen in den verschiedenen Regionen in der Welt vertraut zu werden. In einem Wirbelwind von neun Tagen legte er 18.500 Meilen zurück, wobei er sieben Länder auf drei Kontinenten besuchte. Die Reise führte von Warschau nach Teheran, weiter nach New Dehli, Riyadh, schliesslich an den Assuandamm in Ägypten und endete in Paris und Brüssel. Ehe Carter mit Giscard d'Estaing zusammentraf, hatte er sich selbst ein Bild von der gegenwärtigen Weltlage machen können. Nichts hätte besser verdeutlicht, dass Europa nur eine von mehreren Regionen in der Welt darstellt, mit denen sich die amerikanische Aussenpolitik zu befassen hat.
6. Jänner 1978
Während Präsident Carter in Brüssel mit den Vertretern von NATO und EG konferierte, übergab US Secretary of State Cyrus Vance in Budapest dem ungarischen Parlament die Stephanskrone. Es war eine Geste des guten Willens. Die Stephanskrone ist seit 1945 in Fort Knox in amerikanischer Verwahrung gewesen. Ohne Zweifel wollte die Regierung Carter sowohl in Polen wie in Ungarn zeigen, dass die Ostblockländer auf das Vertrauen von Amerika rechnen können.
Innsbruck, 15. Jänner 1978
Ante Portas
Was schon lange befürchtet wurde, scheint sich nun nicht mehr länger aufhalten zu lassen: Italiens Kommunisten drängen in die Regierung. Die DC weigerte sich zunächst, die KPI mitregieren zu lassen, aber die Regierung Andreotti steht faktisch vor dem Rücktritt. Es bleibt also nur der historische Kompromiss als Alternative übrig: Entweder die Kommunisten in die Regierung aufzunehmen oder Neuwahlen ausschreiben zu lassen.
Diese Situation hat nun auch die Regierung Carter zu einer klaren Stellungnahme zum Eurokommunismus herausgefordert. Die Stellungnahme Washingtons folgt dabei stärker als bisher der Ansicht Kissingers, dass die Beteiligung der Kommunisten an einer demokratischen westeuropäischen Regierung das Atlantische Bündnis stark belasten würde.
16. Jänner 1978
Das Minderheitskabinett von Giulio Andreotti ist zurückgetreten. Das war die 39. Nachkriegsregierung. Wieder einmal steht Italien ohne Regierung da, bis es Andreotti gelingt, unter anderen Voraussetzungen eine neue Regierung zu bilden. Dabei wird der Druck der Strasse immer deutlicher spürbar.
Nachtrag
Es gelang schliesslich Andreotti, eine neue Regierung unter Ausschluss der Kommunisten zu bilden. Den Kommunisten wurde aber eine stärkere Beteiligung bei der Gesetzesbeschliessung im Parlament zugestanden.