University of Notre Dame
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The Story of Notre Dame


Amerika - Europa

Ein transatlantisches Tagebuch 1961 - 1989

Klaus Lanzinger


Mittwoch, 21. November 1979

Als US-Bürger eingeschworen

Heute am Vortag zu Thanksgiving wurde ich als “US citizen,” als neuer amerikanischer Staatsbüger von einem Bundesrichter eingeschworen. Somit ist die langjährige Liebesmüh um Amerika nicht verloren gewesen, denn seit meinem Studienjahr am Bowdoin College 1950-51 hat mich Amerika nicht mehr losgelsassen. Die Zeremonie fand hier in South Bend in einer Schule statt, wo sich in der Aula die Aspiranten für die Staatsbürgerschaft eingefunden hatten. Nachdem der Eid auf die amerikanische Verfassung abgelegt worden war, wurde jedem neuen Bürger feierlich die Staatsbürgerurkunde überreicht.

Nachtrag

[Da meine Frau 1976-78 nicht im Dienst der Universität, sondern als Privatperson mit der Familie in Innsbruck war, wurden die zwei Jahre nicht für die “residence requirement” anerkannt. Sie konnte daher erst zwei Jahre später 1982 die Staatsbürgerschaft erhalten. Unser Sohn Franz erhielt die US-Staatsbürgerschaft in Kalifornien. Das eine Jahr, welches unsere Tochter Christine als Studentin von Notre Dame in Innsbruck verbrachte, wurde für die Aufenthaltserfordernis angerechnet. Sie wurde mit mir als “US citizen” eingeschworen. So hatten wir, über einige Jahre verteilt, als Familie geschlossen den Übergang von der österreichischen zur amerikanischen Staatsbürgerschaft vollzogen.]

25. November 1979

Was hat sich geändert?

Mit der Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft hat sich zunächst nicht viel geändert, ausser dass man nicht mehr von der Einwanderungsbehörde abhängig ist, oder auf Konsulaten darum bangen muss, ob ein Visum ausgestellt, bzw. verlängert wird.

[Am schwersten fiel meiner Frau und mir, beim österreichischen Generalkonsulat in Chicago unsere österreichischen Pässe abzugeben. Es war doch das Bewusstwerden eines Wandels, der die Beziehung zur Republik Österreich unmissverständlich änderte, obwohl die Liebe zur alten Heimat durchaus nicht geschmälert wurde.]

Ein permanenter Vorgang

Die Einbürgerung von neuen Einwanderern ist ein permanenter Vorgang der amerikanischen Demokratie. Jedes Jahr werden Hunderttausende von Immigranten aus allen Teilen der Welt als neue US-Bürger eingeschworern. Die 5-Jahresklausel der Aufenthaltserfordernis zur Einbürge-rung hat viel zur Kohesion der amerikanischen Staats- und Gesellschaftsbildung beigetragen. Auf diese Weise wurden die Millionen von Menschen, die ins Land gekommen sind, nicht als Fremde betrachtet, sondern dazu ermutigt, Staatsbürger zu werden. Nach der relativ kurzen Zeit von fünf Jahren sind die Einwanderer als Staatsbürger ein integrierter Teil der amerikanischen Gesellschaft geworden und haben als Wähler an der demokratischen Willensbildung mitwirken können. Das erklärt zum Teil, wie die ethnische Vielfalt in ein gemeinsames Staatswesen eingegliedert werde konnte.

South Bend, [Ende November] 1979

Das Geiseldrama in Teheran

Schon seit Wochen steht Amerika im Bann des Geiseldramas in Teheran. Rebellen hatten die US-Botschaft gestürmt und halten das Personal, an die 60 Personen, als Geiseln fest. Sie verlangen die Auslieferung des Schahs, der sich zur Krebsbehandlung in einer Klinik in New York befindet. Amerika steht der Situation ziemlich hilflos gegenüber. Es ist bereits zu Ausschreitungen zwischen amerikanischen und iranischen Studenten gekommen. Der Unmut der Bevölkerung nimmt weiter zu. Wie lange wird Präsident Carter zusehen können?


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