Census 1980
April ist Zensusmonat. Seit 1790 wird in den USA alle 10 Jahre eine Volkszählung durchgeführt. Beim diesjährigen Zensus zeichnet sich eine bemerkenswerte Bevölkerungsumschichtung ab. Die Einwanderungsflut in die Vereinigten Staaten aus Süd- und Osteuropa zu Beginn dieses Jahrhunderts wird nun durch eine ähnliche Einwanderungsflut aus Lateinamerika und Südostasien abgelöst. Diese neue Einwanderungswelle wird durch den “Census 1980” besonders erfasst. Die aus Mexiko, Kuba und Zentralamerika kommende hispanische Bevölkerung scheint die stärkste Minorität in den USA zu werden. In weiten Gebieten des Westens und Südwestens wird Spanisch neben Englisch zur zweiten Landessprache. Auch der asiatische Bevölkerungsteil wird immer mehr sichtbar. Die ethnische Vielfalt der amerikanischen Bevö1kerung ist durch diese neue Einwanderung um so reicher geworden.
South Bend, 7. April 1980
Beziehungen abgebrochen
Nach fünfmonatigem ergebnislosem Zuwarten, Hinhaltungen und Versprechungen hat heute die Regierung Carter in der Geisel-Frage in Teheran schärfere Massnahmen ergriffen. Präsident Carter hat die diplomatischen Beziehungen mit dem Iran abgebrochen. Alle in den USA sich noch aufhaltenden Diplomaten müssen das Land bis morgen Mitternacht verlassen. Gleichzeitig wird ein vollständiges Handelsimbargo verhängt. Weitere Massnahmen bleiben noch vorbehalten, sollten die in der amerikanischen Botschaft festgehaltenen Geiseln nicht freigelassen werden. Da nun alle diplomatischen Schlichtungsversuche ausgeschöpft erscheinen, tritt die Iran-Krise in ein Stadium offener Konfrontation ein. Wieweit sich die Lage verschärfen wird, lässt sich kaum abschätzen.
13. April 1980
Der Versuch, die verwundbare Stelle auszunützen
Das Ausland, welches den Vereinigten Staaten übel gesinnt ist, hat längst erkannt, dass alle vier Jahre während der Präsidentschaftswahl eine verwundbare Stelle in der amerikanischen Demokratie blossgelegt wird. Die Entscheidungskraft des US-Präsidenten ist irgendwie gelähmt, da er sich entweder für die Wiederwahl um die Gunst der Wähler bemühen muss, oder aus dem Amt scheidend nicht mehr die gewohnte Handlungsfähigkeit dem Kongress gegenüber hat. So wird in Wahljahren immer wieder versucht, diese verwundbare Stelle auszunützen und von aussen her die Präsidentschaftswahl zu beeinflussen. Das war im Vietnamkrieg der Fall, Kuba hat es mehrmals versucht, und offensichtlich wird nun eine ähnliche Methode in der Iran-Krise angewandt.
25. April 1980
The Rescue Operation
Kaum aus dem Schlaf aufgewacht, wurde heute früh die amerikanische Öffentlichkeit von dem Bericht aus dem Weissen Haus überrascht, dass die Rettungsaktion zur Befreiung der 50 Geiseln in der US-Botschaft in Teheran fehlgeschlagen ist. Von Ägypten aus war ein Überfallkommando über Saudiarabien in die Wüste von Iran eingeflogen, um ein Zwischenlager einzurichten. Gleichzeitig waren die von einem Flugzeugträger im Persischen Golf aus gestarteten Helikopter eingetroffen, welche die Geiseln in Teheran hätten befreien sollen. Durch das technische Versagen eines Hubschraubers musste die Aktion abgebrochen werden. Acht Marines kamen dabei ums Leben.
27. April 1980
Cyrus Vance tritt zurück
Im Gefolge des missglückten Rettungsversuches der Geiseln in Teheran hat Secretary of State Cyrus Vance heute seinen Rücktritt bekanntgegeben. Eigentlich hatte Vance seine Rücktrittserklärung schon vor Tagen Präsident Carter unterbreitet, da es zu grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten über die “rescue mission” gekommen war. Cyrus Vance ist ein Berufsdiplomat, er galt im Kabinett der Carter Regierung als mässigende Stimme. Der Rücktritt des amerikanischen Aussenministers im jetzigen Augenblick wird die als unsicher empfundene Weltlage noch verstärken. Die Angst, die auf beiden Seiten des Atlantiks nicht zu Unrecht geäussert wird, geht aus der Unsicherheit hervor, ob die Krise in Afghanistan und im Iran zum Krieg im Ost-West-Konflikt eskaliert.