Mitterand gewinnt die Präsidentschaftswahl
Die ersten Meldungen von der Nachwahl in Frankreich haben bereits gezeigt, dass Francois Mitterand vor Giscard d'Estaing führt und die Präsidentschaft übernehmen wird. Mitterand gilt als gemässigter Sozialist. Wird er die gemässigte Linie beibehalten können oder Konzessionen an die Kommunisten machen müssen, die ihm schliesslich zum Wahlsieg verholfen haben? Die politische Bewegung in Frankreich und Amerika verläuft derzeit in einander entgegengesetzter Richtung. Während Reagan für die freie Marktwirtschaft eintritt, wird unter Mitterand in Frankreich die Sozialisierung weiter vorangetrieben werden.
South Bend, Mittwoch, 13. Mai 1981
Das Attentat auf den Papst
Um ca. 11 Uhr vormittags erreichte uns hier im Mittelwesten die Nachricht, dass der Papst im Vatikan angeschossen wurde und sich in ernster Lebensgefahr befinde. Das öffentliche Leben schien in Amerika für einen Augenblick zum Stillstand zu kommen. Die Ereignisse in Rom waren kaum fassbar. Menschen weinten auf offener Strasse und strömten in die Kirchen. Allmählich erfuhr man, dass der Papst bei seiner wöchentlichen Audienz auf dem Petersplatz, von Tausenden von Menschen umgeben, in den frühen Abendstunden das Opfer eines Mordanschlages geworden war. Als das Bild klarer wurde, was eigentlich geschehen war, richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Poliklinik in Rom, wo Johannes Paul II. eine fast fünfstündige Operation durchzustehen hatte. Erst als die Nachricht durchkam, dass der Heilige Vater ausser Lebensgefahr war, legte sich die Sorge. Doch die Abscheu gegen dieses sinnlose Verbrechen hielt noch lange an.
Nachtrag
[Das Attentat auf den Papst wurde von einer dunklen Verbrecherfigur verübt, die in der Türkei einem Gefängnis entflohen und der Fahndung der Polizei entschwunden war. Die Schüsse wurden abgefeuert, als Johannes Paul II. am 13. Mai 1981 um 5 Uhr Nachmittag zur wöchentlichen Audienz auf dem Petersplatz eintraf und im offenen Wagen stehend durch die Menge der versammelten Gläubigen fuhr. Eine Kugel ging in den Unterleib, was eine lebensgefährdende Blutung zur Folge hatte. Der verletzte Papst wurde sofort mit der Rettung in die Policlinico Gemelli gebracht, wo er der schwierigen Operation unterzogen wurde. Noch Wochen danach traten Komplikationen mit hohem Fieber ein. Dass das Leben von Johannes Paul II. erhalten blieb, grenzt an ein Wunder. George Weigel fasst in Witness of Hope: The Biography of Pope John Paul II, pp. 411-16, den Ablauf der Ereignisse vom 13. Mai 1981 und deren Folgen übersichtlich zusammen.]
Sonntag, 17. Mai 1981
Präsident Reagan in Notre Dame
Bei den Commencement Exercises an der University of Notre Dame hat heute Präsident Ronald Reagan die Commencement Address gegeben. Es war wieder sein erstes öffentliches Auftreten nach dem Attentat vom 30. März. Die Sicherheitsvorkehrungen waren dementsprechend streng. Mehr als die Fernsehkameras zeigten, waren aber die Gesichtszüge Reagans noch von dem überstandenen schweren Schicksalsschlag gekennzeichnet. Die Stimme war noch leicht gebrochen. Trotzdem erwies sich Reagan als blendender Rhetoriker. Doch mit Rhetorik allein ist das Phänomen Ronald Reagan nicht zu erklären. Von seiner Person geht eine gewinnende Ausstrahlung aus. Er hat eine aussergewöhnliche Gabe, das Publikum anzusprechen. Die 13.000 Personen, die das Athletic and Convocation Center bis auf den letzten Platz füllten, zollten ihm tosenden Beifall. Reagan spricht vor allem die breite amerikanische Mittelschicht an. In seiner Rede legte er überzeugend sein Regierungsprogramm dar: Das Gestrüpp an regulativen Bundesvorschriften müsse vereinfacht werden; die Macht der Zentralregierung soll zurückgenommen und die Steuerbelastung reduziert werden; die Privatinitiative brauche mehr Spielraum. Gleichzeitig gehe es aber darum, die Verteidigungskapazität der Vereinigten Staaten zu verstärken. Erstaunlicherweise ist Reagan auch imstande, einen Grossteil der studierenden Jugend anzusprechen. Während der Veranstaltung gab es keine Demonstrationen. In Amerika ist in der Tat ein konservativer Gesinnungswandel eingetreten.
South Bend, 19. Mai 1981
Die stärkste Einwanderungswelle seit 1900
Laut Time Magazin vom 18. Mai ist derzeit die stärkste Einwanderungswelle in den USA seit der Jahrhundertwende im Gange. Wie um 1900 kommen nun ebenso jährlich rund eine Million Menschen als Einwanderer ins Land. Im vergangenen Jahr wurden and die 800.000 Einwanderer in die USA aufgenornmen. Dazu kommen noch ca. eine Million illegal aliens, die schwarz, hauptsächlich über die lange Südgrenze zu Mexiko ins Land kamen. Die illegale Einwanderung stellt ein besonderes Problem dar. Während die Einwanderung vor dem 1. Weltkrieg hauptsächlich Industriearbeiter aus Süd- und Osteuropa anzog, kommen die jüngsten Einwanderer aus dem Fernen Osten, der Karibik und aus Zentralamerika. Durch diese neue Einwanderungswelle wird sich die ethnische Zusammensetzung der amerikanischen Bevölkerung wesentlich ändern.