Krieg im Südatlantik
Britische Bombengeschwader haben in den heutigen frühen Morgenstunden den Flughafen von Port Stanley angegriffen und zerstört. Damit sollte der um die Falkland-Inseln verhängten See- und Luftblockade Nachdruck verliehen werden. Der Krieg im Südatlantik, dessen Ausmass noch nicht abzuschätzen ist, hat begonnen. Die Vereinigten Staaten, die zuerst eine neutrale, vermittelnde Rolle im Falkland-Konflikt eingenommen haben, stehen nun, da alle diplomatischen Bemühungen ergebnislos geblieben sind, Grossbritannien helfend zur Seite.
Schwere Verluste auf beiden Seiten
Das argentinische Kriegsschiff Belgrano wurde von einem britischen U-Boot angegriffen und versenkt. Dabei sind Hunderte von Soldaten in dem eiskalten Gewässer ertrunken. Dann traf eine Rakete, die von einem argentinischen Kampfflugzeug abgefeuert wurde, den britischen Zerstörer Sheffield, der in Flammen aufging und sank. Viele britische Soldaten mussten ihr Leben lassen. Diese schweren Verluste auf beiden Seiten werfen einen düsteren Schatten auf die Kriegssituation im Südatlantik. Der Krieg belastet auch das Verhältnis zwischen Nord- und Südamerika.
Sonntag, 16. Mai 1982
Pierre Trudeau: Zurück zur Détente
Der Premierminister von Kanada Pierre Trudeau hielt heute an der University of Notre Dame die Commencement Address. Trudeau wirkt anregend, er ist witzig, ein blendender Rhetoriker von absoluter französisch-englischer Zweisprachigkeit. Er ist auch ein Politiker von Format und Weitblick. Trudeau richtete einen dringenden Appell an die beiden Grossmächte, USA und Sowjetunion, zur Entspannungpolitik zurückzukehren und miteinander wieder ins Gespräch zu kommen, um das nukleare Wettrüsten einzustellen. Denn in Europa wie in Kanada greift eine ernste Besorgnis um sich, solange die beiden Supermächte nicht miteinander verhandeln.
[Gleich zu Beginn des Falkland-Konfliktes hatte der britische Botschafter bei den Vereinten Nationen Sir Anthony Parsons eine Resolution des Sicherheitsrates erreicht, die den sofortigen und bedingungslosen Abzug der argentinischen Streitkräfte von den Falkland-Inseln verlangte. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Perez de Cuellar hatte sich wie Alexander Haig vermittelnd eingeschalten, um eine friedliche Lösung herbeizuführen. Diese Bemühungen blieben ebenso erfolglos. Es wurde immer klarer, dass Argentinien nicht bereit war, die Malvinas kampflos aufzugeben.]
21. Mai 1982
Das Zitat der Woche
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Perez de Cuellar erklärte wiederholt: Time is not on the side of peace. Die Zeit ist in der Tat nicht auf der Seite des Friedens. Alle diplomatischen Bemühungen, eine friedliche Lösung im Falkland-Konflikt zu erreichen, sind erfolglos geblieben. In der vergangenen Nacht haben britische Einheiten begonnen, die Falkland-Inseln im Sturm zu nehmen. Die Kriegshandlungen auf beiden Seiten eskalienen nun stündlich.
23. Mai 1982
Faktisch eingeschlossen
Nachdem es den britischen Marineeinheiten gelungen ist, in den Falkland-Sund einzudringen und einen festen Brückenkopf zu bilden, können sie auf der Ost-Insel zur Hauptstadt Stanley vordringen. Da die britische Flotte den Seeweg blockiert und die Bodentruppen auf dem Lande vorrücken, ist die rund 10.000 Mann starke argentinische Garnison in Port Stanley faktisch eingeschlossen.
South Bend, 23. Mai 1982
Kulturelle Unsicherheit
Im Gespräch mit amerikanischen Intellektuellen wird man immer wieder auf kulturelle Unsicherheit stossen. Man wird Staunen und Unglaubwürdigkeit darüber antreffen, dass amerikanische Autoren im Ausland begehrt sind und gelesen werden. Gibt es in Europa wirklich eine Welle der Begeisterung für Melville, Hemingway, Steinbeck, Thorton Wilder und Thomas Wolfe? Im Zweifel darüber äussert sich ein gewisser kultureller Minderwertigkeitskomplex Europa gegenüber, der bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückgeht. Amerikaner sind äusserst sensitiv, wenn sie sich der europäischen Kritik über ihr Kulturverständnis ausgesetzt fühlen.
Lorin Maazels Abschied von Cleveland
Die Tatsache, dass der Chefdirigent des Cleveland Symphony Orchestra Lorin Maazel die Leitung der Wiener Staatsoper übernimmt, hat in Amerika Aufsehen erregt. Wie ist es möglich, fragen viele Musikliebhaber in Amerika, dass einer der ihren mit einem der begehrtesten und heissesten Operndirigentenposten der Welt betraut worden ist? Mit Charme antwortet Maazel darauf, dass es nicht nur für ihn eine Herausforderung bedeutet, in die Höhle des Löwens zu gehen, sondern auch als Zeichen dafür gewertet werden soll, dass in Amerika klassische Musik gefördert wird, und es viele Talente zu entdecken gibt.