Der Wahlschwindel in den Philippinen
Mit Staunen, Unglaubwürdigkeit und schliesslich Entrüstung hat die internationale Öffentlichkeit die Vorgänge in den Philippinen seit der Präsidentenwahl vom 7. Februar verfolgt. Der Leiter der amerikanischen Beobachterdelegation Senator Richard Lugar hat die Wahlen mehrmals als vom Schwindel beeinträchtigt erklärt. Die katholische Bischofskonferenz der Philippinen in Manila nannte sie schlechthin als Betrug und rief die Filipinos zum passiven Widerstand auf. Dennoch wurde gestern Nacht Präsident Ferdinand Marcos von der Nationalversammlung in Manila zum Sieger erklärt und auf weitere sechs Jahre im Amt bestätigt.
23. Februar 1986
Vor dem Abgrund des Bürgerkriegs
Die Situation in den Philippinen hat sich in den letzten 48 Stunden so zugespitzt, dass das Land jeden Augenblick in den Abgrund eines Bürgerkriegs stürzen kann. Seit der Chef der Polizei, General Fidel Ramos, mit den Rebellen im Heer im Verteidigungsministerium ein Gegenlager zum Präsidentenpalast errichtet hat, sind das Militär, die Polizei und die Bevölkerung zweigeteilt. In erschütternden Szenen haben sich unbewaffnete Zivilisten vor die anrückenden Panzer der Regierung gestellt, um die Rebellen zu schützen. Zuerst waren Gerüchte im Umlauf, dass Marcos das Land verlassen habe, dann aber wurde verlautet, dass er entschlossen sei, die Rebellion zu ersticken, und bereits Artillerie in Stellung gebracht habe.
Während die US-Regierung zuerst eine Haltung der Nichteinmischung einnahm, haben nun Präsident Reagan und der Senat zu verstehen gegeben, dass sie das Marcos-Regime nicht mehr als legitim betrachten und daher Ferdinand Marcos nahelegen, seine Machtbefugnisse abzugeben, um eine friedliche Übergabe des Präsidentenamtes an Corazon Aquino zu ermöglichen. Vor allem hat Senator Lugar deutlich ausgesprochen, dass nach seiner Meinung Marcos keine Grundlage mehr habe, auf die sich seine Regierung stützen könnte. Viele Filipinos im Ausland sind nun vor eine schwierige Gewissensfrage gestellt. So hat der philippinische Generalkonsul in Los Angeles sein Amt mit dem Satz zurückgelegt: l would rather be a traitor to one man than a traitor to my country (Ich bin lieber ein Verräter an einem Mann als ein Verräter an meinem Land).
25. Februar 1986
Zwei Präsidenten
Für einen Augenblick boten die Philippinen das seltsame Schauspiel, dass gleichzeitig zwei Präsidenten im Amte waren. Sowohl Ferdinand Marcos als auch Corazon Aquino wurden als Präsidenten angelobt. Schliesslich gab aber Marcos dem Druck der Ereignisse nach und trat zurück. Dadurch wurde ein grösseres Blutvergiessen verhindert. Während Marcos mit seiner Familie und einem Teil seiner Anhänger in die amerikanische Clark Field Base in Manila floh, stürmten die Massen den Präsidentenpalast.
Eine Reihe von bemerkenswerten Ereignissen haben sich bei diesem Machtwechsel in den Philippinen zugetragen. Es war eine Revolution, die sich buchstäblich vor den laufenden Fernsehkameras abgespielt hat. Es war eine echte Volkserhebung, um Freiheit und Gerechtigkeit zu erlangen. Unvergesslich bleiben die Bilder, wie Menschen auf der Strasse sich vor die bewaffneten Regierungstruppen stellten und sie zum Abzug zwangen.
Nachtrag
[Corazon Aquino war die Witwe des 1983 ermordeten Oppositionsführers Benigno Aquino. Es gelang ihr, die zersplitterte Opposition zum diktatorischen Marcos-Regime zu vereinen. Sie gewann die Präsidentenwahl vom Februar 1986, trotzdem von der Seite Marcos versucht worden war, die Wahl systematisch zu hintertreiben. Corazon Aquino übte das Präsidentenamt von 1986 bis 1992 aus. Im Februar 1987 wurde durch ein Referendum eine demokratische Verfassung für die Philippinen angenommen.]
28. Februar 1986
Olof Palme (1927-1986)
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam heute Abend die Nachricht durch, dass der schwedische Premierminister Olof Palme in Stockholm auf offener Strasse einem Mordanschlag erlegen ist. Damit tritt eine der profiliertesten Figuren von der politischen Bühne in Europa ab. Die Nachricht trifft die Welt so fassungslos wie Schweden selbst. Palme war 59 Jahre alt.