Freudestrahlend
Secretary of State George Shultz trat heute Nachmittag in Genf freudestrahlend vor die Fernsehkamera und schüttelte seinem sowjetischen Amtskollegen Eduard Shevardnadze erregt die Hand. Shultz bestätigte, dass ein Abkommen über den Abbau der Mittelstreckenraketen mit gegenseitiger Zusicherung von verification, Überprüfung der Durchführung, erzielt werden konnte. Der INF-Vertrag kann nun auf dem Gipfeltreffen in Washington im Dezember unterzeichnet werden. Der Vertrag sieht vor, dass an die 2.000 Kurz- und Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 300 bis 3.000 Meilen in Ost und West abgebaut werden.
25. November 1987
Heute wurden nähere Details über das INF-Abkommen bekannt. Demnach sollen in den nächsten drei Jahren die in Westeuropa stationierten cruise missiles (Marschflugkörper) und Pershing II-Raketen abgebaut und verschrottet werden, während die Sowjetunion zusichert, das Gleiche mit ihren SS-20 Raketen zu tun. Die Sowjetunion stimmte ferner zu, 1.500 ihrer nuklearen Sprengköpfe gegenüber den nur 350 auf der westlichen Seite bereitstehenden zu eliminieren. Wie George Shultz heute nach der NATO-Aussenministerkonferenz in Brüssel feststellte: NATO foreign ministers emphatically approve of a historic superpower agreement to scrap an entire class of nuclear weapons. (Die Aussenminister der NATO stimmen entschieden einem historischen Abkommen der Supermächte zu, eine ganze Kategorie von Atomwaffen zu verschrotten.)
Chicago, 28. November 1987
Die Sehnsucht nach europäischer Kultur
An kaum einem anderen Platz manifestiert sich die amerikanische Sehnsucht nach europäischer Kultur so offenkundig wie an der Ecke Michigan Avenue und Adams Street in Chicago. Hier stehen das Chicago Art Institute und schräg gegenüber die Orchestra Hall mit der breiten Aufschrift Bach, Mozart, Beethoven, Wagner. In der Orchestra Hall spielten im September die Wiener Philharmoniker unter Leonard Bernstein. In der Chicago Lyric Opera wird derzeit Figaros Hochzeit aufgeführt. Aber der Hauptanziehungspunkt dieser Tage ist die Sonderausstellung der Courtault Collection aus London von Impressionist and Post-Impressionist Masterpieces im Art Institute. Durch die eigene berühmte Sammlung des Chicago Art Institute von französischen Impressionisten ist für diese Stilrichtung eine besondere Aufnahmebereitschaft geschaffen worden. Obwohl Karten für die Courtault Ausstellung schon seit Wochen ausverkauft sind, stehen trotzdem Menschen auf der Michigan Avenue bei kaltem Regen Schlange, um irgendwie hineinzukommen. Dabei wird die europäische Kultur durchaus nicht als etwas Fremdes empfunden, sondern selbstverständlich als ein gemeinsames Erbe aufgenommen, an dem man einfach teilhat.