Die Eagleton Affäre
Eine Woche lang stand Amerika im Bann der Enthüllungen über die Krankheitsgeschichte von Senator Thomas F. Eagleton, dem Kandidaten der Demokratischen Partei für die US-Vizepräsidentschaft. Wie von der Presse zunächst ausgeforscht und dann von Eagleton selbst zugegeben wurde, hatte er sich wegen Depressionserscheinungen mehrmals in klinische Behandlung geben müssen. Der Druck der öffentlichen Meinung wurde schliesslich so gross, dass aus den Reihen der eigenen Partei Bedenken laut wurden, und McGovern seinem Mitkandidaten schliesslich raten musste, zurückzutreten. Eagleton folgte diesem Rat und stellte seine Kandidatur zur Verfügung.
South Bend, 8. August 1972
Heute trafen sich die Delegierten der Demokratischen Partei in Washington, DC, um die Nachfolge von Thomas Eagleton zu beschliessen. Es war eine Wiederholung der National Convention in kleinerer Form. Die Wahl fiel auf Robert Sargent Shriver, Jr., der fast einstimmig zum Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten nominiert wurde. Sargent Shriver ist durch seine Frau Eunice Mary Kennedy mit der Familie Kennedy verwandt. Als Leiter des Peace Corps 1961-66 und als US-Botschafter in Frakreich 1968-70 ist er weltweit bekannt geworden. Das ticket (Wahlliste) der Demokraten lautet nun George McGovern Sargent Shriver.
South Bend, Mittwoch, 23. August 1972
Der Kongress der Republikaner in Miami Beach
In derselben Halle von Miami Beach, in der im Vormonat die Demokraten ihre National Convention abhielten, kamen nun die Delegierten der Republikaner für denselben Zweck zusammen. Es war ein kurzer, spannungsloser Parteikongress, da die Nominierung von Präsident Nixon und Vizepräsident Spiro Agnew zur Wiederwahl von vornherein feststand. Das eigentliche Ereignis dieser National Convention war die acceptance speech, die Rede zur Annahme der Nominierung von Präsident Nixon. Sie war betont überparteilich, mehr an die Fernsehzuschauer als an die Kongressteilnehmer gerichtet. Nixon bekräftigte sein Konzept eines Weltfriedens, der auf der Stärke Amerikas bei gleichzeitiger Verständigungsbereitschaft beruht.
Nachtrag
Zu Beginn des nun einsetzenden Wahlkampfes um die Präsidentschaft hat Nixon einen weiten Vorsprung vor McGovern. Meinungsumfragen ergaben, dass 76% der Wähler vom Wahlsieg Nixons überzeugt sind. Es ist den Republikanern gelungen, in die Randwählerschichten einzudringen. Obwohl Nixon nicht beliebt ist, wird er doch respektiert. Man vertraut darauf, dass er sein Amt im Weissen Haus gut verwaltet.
South Bend, Dienstag, 29. August 1972
Permanent Residence
Heute wurde mir und meiner Familie vom Immigration and Naturalization Service in Hammond, Indiana, das Immigrationsvisum mit der grünen Karte ausgestellt. Es war ein tiefes Aufatmen der Erleichterung. Nun ist South Bend in Indiana wirklich zur zweiten Heimat geworden. Erst wenn man selbst einwandert, wird einem bewusst, wieviele Menschen hier unter den verschiedensten Voraussetzungen ein ähnliches Erlebnis durchgemacht haben. Die Immigration bleibt ein Teil des amerikanischen Lebens, der nicht wegzudenken ist. Jede zweite Familie hat eine Einwanderungsgeschichte zu erzählen.